Ich träumte von einer Kirche,
zu der Menschen
aller Rassen und Nationen gehören,
viele Farben und Sprachen,
einfache Leute und Gebildete.
Sie lebten miteinander.
Sie kannten keine Eifersucht
und keine Machtkämpfe.
Sie sprachen über ihren Glauben
und ihre Hoffnungen,
sie sprachen davon, was sie trägt
und wem sie vertrauen.
Ich träumte von einer Kirche,
da schlugen sie nicht auf die Tische,
sondern sie schlugen sich an die Brust.
Sie wuschen sich nicht die Köpfe,
sondern die Füße.
Sie probierten Salz für die Erde zu sein,
wie es das Evangelium sagt.
Man sah ihnen an,
dass ihr Leben Geschmack hat,
den Geschmack von Freiheit und Lebensfreude.
Es war nicht langweilig in ihren Kirchen.
Die Kinder fühlten sich wohl
und die alten Menschen lebten auf.
Es machte Freude, Gottesdienst zu feiern
und ein heiliger Ernst war auf ihren Gesichtern.
Ich träumte von einer Kirche,
die einem Schiff glich,
das sich mutig dem Meer anvertraute.
Sie alle waren wie eine Mannschaft,
einer verließ sich auf den anderen.
Sie überließen die Sorge für die Welt
nicht den Experten,
sie trauten ihren eigenen Gaben,
sie hörten auf ihren Gott und aufeinander.
Und so waren sie eine lebendige Einladung für die vielen,
die suchen nach Sinn und Gerechtigkeit.
Ich träumte von einer Kirche,
in der sie genauso gut beten konnten
wie Politik machen oder zupacken.
Sie legten Hand an, wo es nötig war
und kein Dienst war ihnen zu gering.
Sie waren Freunde der armen und kleinen Leute
und keiner brauchte sich bei ihnen zu schämen.
Sie setzten sich ein für gerechte Arbeitslöhne
und für das Recht auf Asyl.
In ihren Gemeinden gab es keine Alten,
die sich einsam fühlten,
und kein Kind, das nicht erwünscht war.
Ich erwachte aus meinem Traum
und ich war verzweifelt,
weil es nicht so ist,
wie ich geträumt hatte
Ich dachte: Es ist nur ein Traum,
der wieder verschwindet.
Dann aber erinnerte ich mich
an die alten Erzählungen der Bibel.
Im Traum, sagt die Bibel,
hörst du deine innerste Stimme,
im Traum hörst du Gott.
Ich las:
„Die Zeit ist erfüllt,
das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15)
Und ich wusste, dass es wahr ist,
was ich geträumt hatte,
dass es wahr werden wird.
Ich wusste, dass ich selbst
der Anfang meines Traumes sein kann.
(Aus: Franz von Assisi, Traum oder Wirklichkeit. Ein geistliches Spiel, Pater Helmut Schlegel, OFM)